Interview mit Sebastian Schels: Warum ist ökologische Nachhaltigkeit für die RATISBONA so wichtig?

Die ersten 100 Tage liegen hinter uns und so schnell konnten wir gar nicht schauen, verflogen sie wie im Nu. Nein, sie verflogen sogar noch viel viel schneller!

Sebastian, warum ist Dir persönlich das Thema Nachhaltigkeit so wichtig?

Als vierfacher Familienvater mache ich mir große Sorgen um die Zukunft unserer Kinder. Unsere Art zu leben und zu wirtschaften ist eine Hypothek für die Zukunft – heute sozialisieren wir die Umweltfolgekosten auf künftige Generationen. Spätestens jetzt, nach den jüngsten Überschwemmungen, Waldbränden und Hitzewellen ist doch für den Letzten sichtbar geworden, auf welch‘ gefährlichem Pfad wir uns aktuell befinden.

Was muss Deiner Meinung nach geschehen?

Wir müssen schleunigst gegensteuern, wenn wir das Schlimmste noch abwenden wollen. Dazu muss jemand so verrückt sein, das Wissen aus 40 Jahren Klimaforschung umzusetzen. Wenn mich meine Kinder oder Enkelkinder einmal fragen werden, was ich in den 20er Jahren getan habe, dann möchte ich ihnen eine Antwort geben können, auf die ich stolz sein kann.

Wir hatten noch nie so viel Wissen und Möglichkeiten, noch nie so viel Wohlstand. Die Zeit ist gekommen, entschlossen zu handeln. Und zwar jetzt! Als Unternehmer will ich dazu beitragen, die „Mauer des Schweigens“ zu diesem Thema einzureißen, mehr Dringlichkeit und Aufmerksamkeit darauf zu lenken. Mit RATISBONA haben meine Mitarbeiter und ich als Überzeugungstäter die Chance, einen glaubwürdigen Beitrag für Umwelt- und Klimaschutz zu leisten. Meine Vision ist, zu zeigen, dass es möglich ist, wirtschaftlich erfolgreich zu arbeiten und dabei Ressourcen so zu nutzen, dass die Natur im Gleichgewicht bleibt.

Für Unternehmer dreht sich üblicherweise alles um Wachstum, Umsatz und Gewinn. Steht das nicht im Widerspruch zum Umweltschutz?

Ich bin in erster Linie Mensch, in zweiter Linie Unternehmer, in dritter Linie Immobilienunternehmer. Als Mensch und Familienvater beobachte ich den Klimawandel, den Artenschwund. Man muss das ins richtige Verhältnis setzen, denn da rollen momentan mehrere Tsunamis auf uns und vor allem auf die uns nachfolgenden Generationen zu, eine Naturkatastrophe in Zeitlupe!

Als Unternehmer rechne ich die Dinge bis zum Ende durch. Und da ist schon heute klar, dass die finanziellen Folgen des Nichtstuns täglich immer größer werden. Klimaschutz ist kein Gutmenschentum - wir müssen es einfach nur durchrechnen! Als Kaufmann sage ich ganz klar: Die Natur zu erhalten ist die profitabelste und kostengünstigste Alternative.

Daher sehe ich hier keinen Widerspruch – ganz im Gegenteil: Eine grüne Wirtschaft, grüne Märkte werden bei der Bewältigung der anstehenden Herausforderungen eine zentrale Rolle spielen. Und hier kann die Immobilienbranche DER Game-Changer werden. Denn wer eine nachhaltige Welt möchte, der wird den Schlüssel in der von uns Menschen gebauten Umwelt finden.

In der Immobilienbranche sind Energieeffizienz und Umweltbewusstsein seit Jahren wichtige Themen. Erwartest Du für Dein Geschäft künftig noch weitere regulierende Maßnahmen, möglicherweise Einschränkungen, die Gewinn kosten können?

Grundsätzlich sehe ich in der anstehenden Bauwende für unsere Branche mehr Chancen als Risiken. Und gerade als Kaufmann und Familienunternehmer weiß ich, dass sich langfristiges Denken auf die Dauer auszahlt, auch wenn es kurzfristig Geld kosten kann. Die Folgen eines unterlassenen Klimaschutzes werden uns viel schneller und viel heftiger treffen, als viele vermuten. Das hat auch die Wissenschaft bereits erkannt: Sie hat sich in der Vergangenheit in Geschwindigkeit und Intensität des Klimawandels getäuscht, die eigentliche Tragweite wurde allgemein unterschätzt. Das heißt: Unser Haus brennt. Und sich jetzt erstmal von der Feuerwehr einen Kostenvoranschlag zu holen, und damit zu viel Zeit zu verlieren, ist nicht besonders schlau. Anders formuliert: Wollen wir ernsthaft durchkalkulieren, ob das Überleben des Homo Sapiens bezahlbar ist? Wichtiger wäre nun, endlich ins Handeln zu kommen. Denn jeder Tag, jede Stunde, jede Minute werden die Kosten nur weiter steigen. Und das Tragische ist, es wird nicht nur Geld, sondern auch Menschenleben kosten. Wenn wir die Natur zugunsten des Wohlstands vernachlässigen, laufen wir Gefahr, am Ende beides zu verlieren.

Was kann die Immobilienbranche konkret tun? Ist sie nicht eher Teil des Problems denn Teil der Lösung?

Ja, es ist richtig: Immobilien versiegeln Fläche, verbrauchen Ressourcen im Bau und Betrieb und erzeugen Unmengen an Abfall im Rückbau. Richtig gedacht können Immobilien und Städte aber nicht nur klimaneutral, sondern naturpositiv sein und somit einen aktiven Beitrag zur Bewältigung der anstehenden Herausforderungen leisten. Häuser können mehr Energie bereitstellen als sie verbrauchen, ihre Hülle kann unsere Luft reinigen, ihr Baumaterial kann Kohlenstoff speichern und nach Beendigung der Nutzungsphase können sie neues Baumaterial bereitstellen. Dafür müssen wir es schaffen, in Kreisläufen und längeren Zeiträumen zu denken. Als Projektionsfläche für unsere Visionen und Ideen können Immobilien uns Menschen prägen und inspirieren – uns den Weg in die Zukunft weisen. Wir Menschen werden immer das Bedürfnis haben, unsere gebaute Umwelt zu verändern oder umzubauen. Eine gelingende Bauwende kann es uns ermöglichen, das Bauen und Bewirtschaften der Gebäude und Städte im Einklang mit der Natur zu gestalten. Dazu braucht es Positivbeispiele, wie das gelingen kann. Mit unseren jährlich 25 bis 30 Projekten haben wir hier eine ausgezeichnete Chance, schnelle Lernschleifen zu erzielen und in kurzer Zeit eine hohe Anzahl an Best-Practice-Beispielen zu schaffen. So können wir vorangehen und zeigen, wie das in der Praxis konkret umgesetzt werden kann.

Was treibt Dich dabei persönlich an?

Mir geht es darum, vermeintliche Gegensätze zusammenzubringen und dem menschlichen Maßstab wieder den Stellenwert einzuräumen, den er verdient. Wirtschaftlichkeit und Menschlichkeit sind keine Widersprüche. Ich verspüre eine große Lust, hier einen – wenn auch noch so kleinen – Beitrag zu leisten. Das kommt meinem Naturell auch entgegen: Für mich steckt im „Sowohl-Als-Auch“ mehr Kraft als im „Entweder-Oder“.

Woran liegt es Deiner Meinung nach, dass bisher zu wenig passiert ist?

Wir haben in 40 Jahren Klimadiskussion eine gewisse Schwerhörigkeit entwickelt, weil die meisten vernehmbaren Stimmen von Wissenschaftlern und Klimaschützern kommen. Als Familienunternehmer und Vertreter der Wirtschaft möchte ich hier ein klares Signal senden. Denn wenn die Menschen jetzt merken, dass aus einem Teil der Gesellschaft, von dem sie es nicht unbedingt erwarten, Zustimmung und Unterstützung kommt, dann hat das eine große Hebelwirkung.

Gibt es beim Thema Nachhaltigkeit für Dich persönlich eine Stunde “null”, einen Ausgangspunkt? Seit wann fokussiert sich RATISBONA so stark auf "grünes Bauen”?

Das Thema Nachhaltigkeit ist seit gut einem Jahr bei uns im Unternehmen stark im Fokus. Da hat mich persönlich die Fridays-For-Future-Bewegung im Laufe des Jahres 2019 zu einem starken Umdenken gebracht. Aber wir hatten es auch früher schon auf der Agenda. Zum Beispiel haben wir in Hannover den ersten Passivhaus-Discounter der Welt errichtet.

Kreislauffähiges Bauen ist in aller Munde. Beschäftigt sich Dein Unternehmen ebenfalls mit diesem Thema?

Zirkuläres oder kreislauffähiges Bauen ist DAS Thema der Zukunft! Mit zuneige gehenden Rohstoffen und einer höheren Bepreisung von CO₂ wird ein zweites, drittes und viertes Leben für unsere Baumaterialien und Wertstoffe immer wichtiger werden. Wir beschäftigen uns daher ganz konkret damit. Um kreislauffähiges Bauen zu ermöglichen, beginnen wir bei der Ist-Analyse unserer Bestandsimmobilien. Dabei investieren wir in die Digitalisierung mittels BIM (Building Information Modeling) und die Aufnahme unserer Objekte in 5D-Technologie für einen digitalen Zwilling. Diese Daten nutzen wir zur Planung und Simulation unserer Umbauten, aber auch als Dokumentation, welche Baustoffe im Bestand sind und welche wir später hinzugefügt haben. Wir verfolgen die Idee, lieber Bestände und Baustoffe, die schon vorhanden sind, zu nutzen, statt abzureißen und neuzubauen. Lieber Bestand modernisieren statt Abriss-Neubau zertifizieren!

Neben einer Bauwende braucht es auch eine Energiewende. Die Immobilienwirtschaft ist hier gefragt, schließlich sollen Gebäude als Energiequelle aktiviert werden. Wie kommt RATISBONA hier voran?

Als Gesellschaft müssen wir weg von der fossilen Energie und daher mehr Möglichkeiten für den Ausbau regenerativer Energie schaffen. Wir finden: Handelsimmobilien sollten nicht nur für gute Umsätze, sondern auch für elektrischen Strom sorgen! Leider war das in der Vergangenheit nicht immer einfach. Die steuerlichen Rahmenbedingungen haben es uns Entwicklern und unseren Investoren stark erschwert, PV-Anlagen auf den Märkten zu installieren. Um zumindest in Zukunft eine Nachrüstung zu ermöglichen, haben wir uns daher im Jahre 2010 dazu entschlossen, all unsere Immobilien statisch so auszurichten, dass sie jederzeit mit entsprechenden Anlagen nachgerüstet werden können. Bis heute haben wir hier zwischen 1,2 und 1,5 Mio € in eine Verstärkung der Dachstatik unserer Gebäude investiert – Ziel ist, dass bei geänderter Gesetzeslage jederzeit mit PV-Anlagen nachgerüstet werden kann.

An welchen weiteren Themen zur Verbesserung der Ökobilanz der Objekte wird bei Euch gearbeitet?

Zukünftig wollen wir nur noch mit dem Superrohstoff Holz unsere Immobilien errichten. Das macht in Kombination mit einer kreislauffähigen Bauweise absolut Sinn. Superrohstoff deswegen, weil Holz nicht nur Kohlenstoff bindet, sondern als Baumaterial auch sehr langlebig ist. Die ältesten Gebäude der Welt sind aus Holz errichtet – und stehen heute noch. Auch die Außenanlagen unserer Märkte haben wir im Blick. Hier haben wir in Zusammenarbeit mit der Uni Weihenstephan eigens ein Konzept entwickelt: Wir nennen es “Smart Green Keeping”. Das ist eine hitzebeständige Mischbepflanzung aus Früh- und Spätblühern, die wenig Wasser benötigt und Lebensraum für Insekten bietet. In den Verträgen mit unseren Mietern versuchen wir zudem feste Bestandteile zum Thema Nachhaltigkeit zu verankern, z.B. PV-Anlagen oder E-Ladesäulen. Aus klassischen Mietverträgen werden auf diese Weise sogenannte „Green Leases“. Ein weiteres Beispiel ist das künftige Zusammenspiel zwischen Mobilität und Immobilie. Gebäude, die Strom erzeugen, können diesen auch abgeben. Hier kann es zu einem wunderbaren Zusammenspiel zwischen Elektromobilität und Gebäuden kommen. Die Grundlagen hierfür werden aktuell gelegt, denn ein Supermarkt eignet sich hervorragend als Elektrotankstelle der Zukunft.

Wie ist es mit Geschäftspartnern, Kunden oder Investoren, mit denen Ihr zusammenarbeitet. Müsst Ihr die auch erst vom Sinn der Nachhaltigkeit überzeugen?

Das ist sehr unterschiedlich. Wir leisten schon viel Überzeugungsarbeit und schieben viel an. Wir merken aber, dass wir als relativ kleines Unternehmen, das inhabergeführt ist, eine Vorreiterrolle einnehmen und vorangehen können, und das macht mir viel Freude.

Was tust Du privat für den Klimaschutz?

Ich stelle bei uns zu Hause gerade die Heizung um und versuche so, auf fossile Brennstoffe zu verzichten. Ich bewege mich in Regensburg inzwischen auch bei Wind und Wetter ausschließlich mit dem Fahrrad. Ein positiver Nebeneffekt ist, dass ich mich gesünder und fitter fühle. Ich würde mich als Flexitarier bezeichnen. Hin und wieder habe ich Lust auf Fleisch, versuche aber übermäßigen Konsum zu vermeiden. Das ist natürlich alles nicht perfekt, es ist widersprüchlich und unvollkommen. Das gilt auch für RATISBONA. Hier sind wir ebenfalls von Perfektion noch ein Stück weit entfernt. Dafür ist Nachhaltigkeit einfach zu groß und zu komplex. Wichtig ist jedoch, dass man das Thema ernst nimmt und sich die Zeit nimmt, sich wirklich damit auseinanderzusetzen.

von Sebastian Schels
veröffentlicht am

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